Außerbetriebsetzung von Einzelraumfeuerstätten für feste Brennstoffe
Wir haben die Gelegenheit genutzt und mit Markus Burger, einem erfahrenen Schornsteinfegermeister, über die aktuell wichtigsten Themen und Herausforderungen zu sprechen. Diese betreffen den Austausch von Feuerstätten, uns als Hersteller und vor allem die Ofensetzerbetriebe. In diesem Interview möchten wir einen tieferen Einblick in das Vorgehen von Schornsteinfegern und die damit verbundenen Widersprüche in der Gesetzeslage von Einzelmessungen gewinnen. Dabei geht es vor allem um die Kohlenwasserstoffe, die heute eine sehr große Rolle spielen. Diese schwer einzuhaltenden Emissionen treten besonders stark zu Beginn und wiederholt zum Ende eines Abbrandes auf. Aktuell sind Kohlenwasserstoffe nur im firmeneigenen Labor oder von den Prüfstellen messbar, da es aufgrund der Propangasversorgung noch keine transportablen Messgeräte für Kohlenwasserstoffe gibt.
Camina & Schmid: Können Sie uns eine aktuelle Einschätzung zum tatsächlichen Stand der Stückzahlen für den Austausch geben?
Markus Burger: Im Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks gehen wir von ca. 2,5 Millionen austauschpflichtigen Einzelraumfeuerstätten aus. Die in den Erhebungen für das Jahr 2023 veröffentlichte Zahl wird sich wahrscheinlich noch ändern und in den nächsten Jahren angepasst werden müssen. Aufgrund von herstellerseitigen Softwareproblemen war für die Erhebungen 2023 eine weitere Datenabfrage erforderlich, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht vollständig abgeschlossen war und durch Hochrechnungen ergänzt werden musste.
Nach welchen Kriterien setzen Sie eine Feuerstätte außer Betrieb? Welche Rolle spielen dabei die Einzelmessungen?
MB: Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger selbst nimmt keine Feuerstätte außer Betrieb. Der Betreiber erhält im Zuge der Feuerstättenschau den Hinweis, dass die Anlage technisch nachgerüstet oder ersetzt werden muss, wenn sie die geforderten Grenzwerte für Staub und CO gemäß §26 der 1. BImSchV nicht einhält. Die Frist, d. h. das Datum für eine Außerbetriebnahme, Nachrüstung oder einen Austausch, richtet sich nach dem Datum der Errichtung . Kann ein Ofenbesitzer keinen Nachweis über die Einhaltung der Grenzwerte vorlegen, hat er die Möglichkeit, einen Schornsteinfeger bzw. eine Schornsteinfegerin mit einer Messung zu beauftragen, um die Einhaltung der Grenzwerte festzustellen.
Was halten Sie von den Einzelmessungen an Einzelraumfeuerstätten? Sollten diese grundsätzlich abgeschafft werden oder finden Sie diese Option angesichts der Lage wertvoll? Wir persönlich sehen darin keinen Vorteil, weder für die Eigentümer, die Ziele der Politik oder für uns als Branche, um uns besser im Energiemarkt zu positionieren.
MB: Die Messung einer Einzelraumfeuerungsanlage erfolgt nach der technischen Regel VDI 4207 Blatt 2 „Messen von Emissionen an Kleinfeuerungsanlagen - Messen an Anlagen für feste Brennstoffe“, welche durch die Kommission Reinhaltung der Luft im VDI und DIN herausgegeben wird. Die Messung ist eine sehr aufwendige Tätigkeit. Die Ergebnisse der Messungen müssen bei vergleichbaren Feuerungsanlagen und Betriebsbedingungen miteinander vergleichbar sein. Die Emissionen werden von den Betriebsbedingungen, vom technischen Zustand der Feuerungsanlage, der eingesetzten Brennstoffqualität und vom Betreiberverhalten bestimmt. Gedacht war die Messung sicherlich für Einzelraumfeuerungsanlagen, die ein besonderes „Schmuckstück“ darstellen und die dem Betreiber eventuell am Herzen liegen.
„Grundsätzlich sollte eine moderne Feuerstätte einer im Regelfall über 25 Jahre alten Feuerstätte vorgezogen werden.“
Schornsteinfeger sind dazu berechtigt, Feuerstätten anhand einer Messung bestehen zu lassen oder diese außer Betrieb zu setzen. Hersteller von Feuerungstechnik müssen strenge gesetzliche Anforderungen erfüllen und die Einhaltung mit immensen Summen in Prüfungen nachweisen. Denken Sie, dass Ihre dafür verwendeten Prüfgeräte im Verhältnis zu den Aufwänden stehen, die wir betreiben müssen, um den EU-Anforderungen gerecht zu werden?
MB: Wie oben schon angeführt, erfolgt diese Messung nach den strengen Vorgaben der VDI 4207 Blatt 2. Die dabei verwendeten Messgeräte sind speziell für diesen Anwendungsfall geprüft und freigegeben. Hinzu kommt, dass der Schornsteinfeger eine entsprechende Messstelle nach VDI 4208 Blatt 1 „Anforderungen an Stellen bei der Überwachung der Emissionen an Kleinfeuerungsanlagen – Stellen für die Ermittlung der Emissionen“ sein muss. Für die Durchführung der Messungen in Anlehnung an Anlage 4, Nr. 3 der 1. BImSchV ist eine besondere Fachkenntnis und Erfahrung erforderlich, die in geeigneten Ausbildungsmaßnahmen erworben wurde.
Aufgrund unserer eigenen Erfahrungen in unserem Prüflabor ist uns diese Gesetzeslage unerklärlich. Kohlenwasserstoffe können Sie mit Ihren Geräten nicht messen. Anhand der Messung von CO und Staub, die laut unseren Vorgaben für die Zulassung neuer Feuerstätten nicht ausreichen, dürfen Sie dennoch entscheiden, dass eine Feuerstätte weiter betrieben wird. Was halten Sie von diesem noch gültigen Vorgehen? Die Einzelmessungen werden erst Ende dieses
Jahres verboten.
MB: Also dem Schornsteinfegerhandwerk ist diese Gesetzeslage nicht unerklärlich! Wir reden nicht davon, neue Feuerstätten in den Markt zu bringen, die unter anderem eine Ökodesign-Richtlinie einhalten müssen, sondern von bestehenden Feuerstätten, für die der Gesetzgeber zum damaligen Zeitpunkt Grenzwerte für Staub und CO festgelegt hat. Der Gesetzgeber wird sich auf Grundlage von Forschungsvorhaben sowie technischen und wissenschaftlichen Auswertungen für diesen Weg entschieden haben. Die Grundlage bildet § 26 der 1. BImSchV "Übergangsregelungen für Einzelraumfeuerstätten für feste Brennstoffe", und für die Beurteilung der geltenden Grenzwerte nach 1. BImSchV wird die Partikel-Massenkonzentration herangezogen. Das Schornsteinfegerhandwerk entscheidet nicht über den Fortbestand einer Einzelraumfeuerstätte, sondern kontrolliert lediglich die Einhaltung der gesetzlich geforderten Grenzwerte!
Könnten Sie uns ein Beispiel nennen, inwieweit Sie eine Feuerstätte kontrollieren? Häufiger teilten uns Ofensetzer schon mit, dass die Kamine, die ausgetauscht wurden, bereits starke Beschädigungen aufwiesen. Die Gefahr von beschädigten Feuerstätten wird demnach oftmals noch unterschätzt. Kontrollieren Sie regelmäßig, ob die Geräte intakt sind oder werden überwiegend die Schornsteine und Werte geprüft?
MB: Einzelraumfeuerstätten werden einmalig vor ihrer ersten Inbetriebnahme oder nach baulichen Änderungen im Zusammenhang mit der Feuerungsanlage vom Bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger überprüft. Er überprüft die Einhaltung baulicher Auflagen, erforderliche Zulassungen, stellt die sichere Benutzbarkeit der gesamten Feuerungsanlage fest und bescheinigt sie. Wiederkehrende Immissionsschutzmessungen an den Einzelraumfeuerstätten sind anders als bei Heizkesseln für feste Brennstoffe vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Die Abgasanlage (Schornstein) muss abhängig von der Nutzungshäufigkeit mindestens einmal jährlich überprüft und gereinigt werden. In erster Linie ist der Betreiber für die Feuerstätte und in vielen Fällen auch für das Verbindungsstück verantwortlich. Mängel würden also zuerst den Betreibern auffallen. Bei der Feuerstättenschau, die ca. alle 3,5 Jahre stattfindet, überprüft der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger den ordnungsgemäßen technischen Zustand der Anlage; eine Sicherheitsüberprüfung von Einzelraumfeuerstätten findet in diesem Rahmen allerdings nicht statt. Somit kann es vorkommen, dass Mängel an einer Feuerstätte erst mit Verzögerung auffallen.
„Wir stellen unsere Expertise breiter auf und wachsen mit den Ansprüchen in einem klimafreundlichen Wärmemarkt.“
Wird sich zukünftig ihre Arbeit als Schornsteinfeger ändern und mit welchen neuen Herausforderungen rechnen Sie?
MB: Die Energie- und Wärmewende hat großen Einfluss auf unsere Arbeit. Noch gibt es in Deutschland fast 20 Millionen fossil genutzte Feuerstätten, die jedoch Schritt für Schritt durch klimafreundlichere Wärmeerzeuger ersetzt werden sollen und müssen. Für uns Schornsteinfeger bringt die Dekarbonisierung entscheidende Veränderungen im beruflichen Alltag mit sich. Wo wir jetzt Messungen an Gas- oder Ölheizungen vornehmen, könnte künftig eine Wärmepumpe installiert werden. Unser Handwerk weiß um die kommenden Herausforderungen und stellt sich bereits heute darauf ein. Potenzial sehen wir vor allem in den Geschäftsfeldern Energieberatung und Lüftungsanlagen. Mit entsprechenden Qualifikationen, zum Beispiel als Energieberater oder Lüftungsfachkraft, können wir unseren Kunden zusätzliche Dienstleistungen anbieten, die über unsere bisherigen Kernaufgaben hinausgehen. Wir stellen unsere Expertise breiter auf und wachsen mit den Ansprüchen in einem klimafreundlichen Wärmemarkt. Schon in der Ausbildung beschäftigen sich unsere Nachwuchskräfte mit diesen Themen und aktuellen Technologien wie zum Beispiel Wärmepumpen. Entscheidend wird auch in Zukunft unsere Unabhängigkeit sein. Wir sehen uns als unabhängige Experten und Ansprechpartner rund um sichere, klimafreundliche Wärme – das wissen unsere Kunden zu schätzen.
Was denken Sie, könnten wir besser machen, damit der Austausch und das Verständnis zwischen Ihrer Arbeit, Ofensetzer und uns als Hersteller optimiert wird?
MB: Wir pflegen gute Beziehungen zu anderen Handwerksverbänden, Herstellern und Partnergewerken und tauschen uns regelmäßig aus. Dennoch könnte man die Arbeit auf diesem Sektor intensivieren.
Wir danken Markus Burger herzlich für seine Zeit und die aufschlussreichen Antworten. Die komplexen Anforderungen und gesetzlichen Regelungen stellen sowohl Handwerk als auch Industrie vor Herausforderungen, die nur durch Zusammenarbeit und fortlaufende Verbesserung der Technologien gemeistert werden können.
Markus Burger
Vorstand Technik im Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks seit 2022